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Hintergrundinformationen zu Antibiotika


Entwicklung, ökonomische Faktoren, Resistenzen



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Einführung

Antibiotika haben die Lebenserwartung des Menschen entscheidend beeinflusst. Zusammen mit Impfstoffen (Vakzinen) haben sie die Belastung der Menschheit durch Infektionskrankheiten nachhaltig minimiert. Antibiotische Substanzen, per Definition zur Behandlung bakterieller Infekte geeignet (Behandlung von Virus- Infektionen: Virostatika, Behandlung von Pilzinfektionen: Antimykotika), wurden in der zweiten Hälfte des 20 Jahrhunderts zum schärfsten Schwert der Medizin. Durch steten Gebrauch ist dieses Schwert stumpf geworden und man spricht heute gelegentlich von der post-antibiotischen Ära, geprägt von der Bedrohung durch resistente Erreger.


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Penicillin, Streptomycin und die antibiotische Ära


Die eigentliche Antibiotika-Ära begann im oder kurz nach dem zweiten Weltkrieg mit der Einführung des Penicillins beim Militär und etwas später in der Zivilbevölkerung. In schneller Folge wurden weitere Antibiotika entwickelt, 1952 z.B. wurde das Streptomycin, das erste Antibiotikum, mit dem sich die Tuberkulose behandeln ließ, in die Humanmedizin eingeführt. In den 30 Jahren seit Beginn der antibiotischen Ära erfolgte gleichsam ein "Antibiotika-Rausch".
Fast alle heute in der Medizin/Veterinärmedizin verfügbaren Antibiotikafamilien wurden in dieser Zeit entwickelt und erhielten die Marktzulassung. In den nächsten 30 Jahren bis heute wurde nur noch eine (!) neue Antibiotikafamilie eingeführt.

Die Entwicklung und Neueinführung eines Antibiotikums verschlingt Expertenschätzungen zu Folge zwischen 300 und 500 Millionen US-$, ein Betrag, der durch ein pharmazeutisches Unternehmen dann auch erst einmal wieder erwirtschaftet werden muss. Gewinn kann ein großes Unternehmen erst erwarten, wenn auf der genannten Ausgabenbasis ein Rückfluss an Einnahmen von mindestens 500 bis 800 Millionen US-$ erfolgt. Darunter rechnet sich dann auch die Neuentwicklung nicht.

Diese Problematik, verbunden mit einem Rückgang der tatsächlich eingesetzten Antibiotika weltweit, der Verfügbarkeit preiswerter sogenannter Generika (nach Auslaufen der Patente), dem zunehmenden Kostendruck im Gesundheitswesen und den damit verbundenen Verschreibungsrückgängen sowie die verschärften Zulassungsvorschriften haben dazu geführt, dass viele der großen Pharmaunternehmen ihre Antibiotikaentwicklung signifikant zurück gefahren oder sogar ganz eingestellt haben.


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Zusammenhang zwischen Antibiotika-Verbrauch und Antibiotika-Resistenz

Die Bakterien...
...haben eine sehr hohe Populationsdichte. Die Zahl der Bakterien übertrifft die Zahl aller anderen lebenden Organismen auf der Erde um Größenordnungen.
Ohne Bakterien, die sich überall in der Umwelt befinden, würden die Stoffkreisläufe aus Photosynthese-Produktion von Biomasse-Wachstum-Tod-Remineralisation zum erliegen kommen.

...sind in der Lage ihr Erbgut schnell und flexibel zu ändern. Die Modulation des Erbgutes und damit die Flexibilität der genetischen Information erlauben schnelle Anpassungen an Veränderungen des Lebensraumes. Antibiotika stellen für Bakterien eine Bedrohung dar, ihr Lebensraum wird bedrohlich verändert.

...unterliegen der natürlichen Selektion. Diese Auslese von nicht an den jeweiligen Lebensraum angepassten Varianten führt zum Überleben der Varianten, die mit einer gegeben Bedrohung am besten zurecht kommen. In Kombination von Populationsgröße und genetischer Flexibilität wird in beinahe jeder Bakterienpopulation auch das Potential vorhanden sein, der Bedrohung durch Antibiotika zu begegnen. Dieses Potential gewinnt an Bedeutung, wenn die Bedrohung zur Normalität wird. Wenn also eine gewisse Menge an Antibiotika über lange Zeit in einem Lebensraum verfügbar ist, passen sich Bakterien daran an. Es entwickeln sich Resistenzen.


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Wussten Sie...


...das konservativen Schätzungen zu Folge Jahr für Jahr mindestens zwischen 100 und 200 Millionen Tonnen an Antibiotika verbraucht werden? Wie viel davon in die Umgebung "rieselt" ist nicht bekannt.
...das man Rückstände an Antibiotika sowohl im Abwasser von Krankenhäusern, Kläranlagen, Oberflächenwässern und sogar im Grundwasser nachweisen kann?
...das Antibiotika-Therapien bei unsachgemäßem Einsatz u.U. mehr schaden als nützen können? Mit jeder Antibiotika-Behandlung schädigen Sie auch Ihre physiologische Normalflora. Verdauungsstörungen oder Pilzinfektionen, bspw. der Scheide, können die Folge sein!


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Alternativen zu Antibiotika


Niemand wird bestreiten, dass Antibiotika nützlich und hilfreich sind. Entscheidend für den medizinischen Behandlungserfolg ist aber der kluge Einsatz der Antibiotika! Nicht jede Erkrankung oder Infektion muss mit Antibiotika behandelt werden. Die Entscheidung hierüber sollten Sie Ihrem Arzt überlassen. Wenn Ihr Arzt Ihnen bei einem grippalen Infekt z.B. kein Antibiotikum verschreibt, hat das i.d.R. nichts mit dem Sparzwang zu tun sondern damit, dass Ihnen ein Antibiotikum gar nicht helfen würde (der Auslöser des grippalen Infekts ist zumeist ein Virus).
In anderen Fällen kann ein Antibiotikum alleine aber vielleicht gar nicht helfen. Innerhalb eines Furunkels (Abszess, Karbunkel, Follikulitis) bspw. ist die Zirkulation so gering, dass das Antibiotikum gegen den Erreger (oft, aber nicht immer der sogenannte Eitererreger Staphylococcus aureus) gar nicht wirken kann, die Entzündung wird also durch das Antibiotikum gar nicht beeinflusst. Helfend können hier die Verwendung von z.B. Teebaumöl oder Zugsalben sein. Vorbeugend wirkt die schonende Pflege der Haut, ggf. das Tragen von Kochwäsche um die Bakterien, die auf der Haut siedeln und dann mit der Kleidung immer wieder übergestreift werden, während der Kochwäsche abzutöten. Wenn es dennoch zu wiederholten Entzündungen (rezidivierende Furunkulose, Karbunkulose, Follikulitis oder Akne) kommt, können auch therapeutischen Autovakzinen helfen. Diese Autovakzinen werden aus dem jeweils individuellen, aus Abszesseiter des Patienten isolierten und angezüchteten Erreger hergestellt und sollen die Abwehr des Patienten spezifisch modulieren.

Stand: 16.09.2005
Dr. Oliver Nolte

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Aktuelle, wissenschaftliche Literatur:


Spellberg B, Powers JH, Brass EP, Miller LG, Edwards Jr. JE (2004): Trends in antimicrobial drug development: Implications for the future. Clinical Infectious Diseases 38:1279-1286 (published by The University of Chicago Press)

Kuemmerer K (2004): Resistance in the environment ("Resistenzen in der Umwelt"), Journal of Antimicrobial Chemotherapy 54:311-320 (published by The British Society for Antimicrobial Chemotherapy)

Wise R (2004): The 2003 Garrod Lecture: The relentless rise of resistance? ("Der unerbittliche Anstieg der Resistenzen?") Journal of Antimicrobial Chemotherapy 54:306-310 (published by The British Society for Antimicrobial Chemotherapy)

Nolte, O. (2000): Autovaccine Ein Überblick. Der Mikrobiologe 11(1):11-16

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Hintergrundbild: Resistenztestung eines Staphylococcus aureus im Labor (Aufnahme: Winter, Medienzentrum Universität Heidelberg, Klinikum).
http://www.autovaccine.de/ND/antibiotics.html

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